Samstag, 17. November 2007

Johann Wiens 1925 - 2007


Im Trauergottesdienst vor der Beerdigung meines Vaters las Johann Voth, der Mann meiner Schwester Anni, den Lebenslauf meines Vaters vor. Schon merkwürdig, wenn man da so als Zuhörer in den Bänken sitzt, zuhört, und sich bemüht zu verstehen, dass dies hier der eigene Vater ist, Papa, der Mann in meinem Leben... Hier der Text, den Johann mit meiner Mutter und meinen Geschwistern zusammegestellt hat:

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Johann Wiens wurde am 9. September 1925 in der deutschen Siedlung Margenau in der heutigen Ukraine geboren. Seine Eltern waren Johann und Anna Wiens. Die Familie hatte zwei Söhne, Rudolf und Johann. Der Vater war Finanzbuchhalter von Beruf und die Familie besaß einen gut laufenden Bauernhof.

Ende der Zwanziger und während der Dreißiger Jahre herrschten in der Sowjetunion dunkle und schwere Zeiten der stalinistischen Herrschaft. Zuerst kam die Enteignung der Privatwirtschaft, dann große Hungersnot und später eine Welle von Verhaftungen.

Im Jahre 1937 traf es auch die junge Familie Wiens. Der Vater Johann Wiens wurde verhaftet und kam nie mehr zurück. Erst viele Jahre später hat man erfahren, dass er kurz nach seiner Verhaftung ohne eine Gerichtsverhandlung hingerichtet worden war. So blieb Anna Wiens als Witwe mit ihren zwei Söhnen alleine zurück. Es waren schwere Zeiten, aber die Familie hielt zusammen.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1941 ging der Familie auch dieses verloren. Johann und sein Bruder wurden zur Zwangsarbeit in ein Arbeitslager nach Kasachstan deportiert. Das war eine grausame Zeit, gezeichnet von Hunger, Leiden, Ungerechtigkeit und Tod. Die Tatsache, dass Johann diese Jahre überlebt hat, verstand er immer als eine besondere Gnade Gottes.

Dort, unter diesen schweren Umständen, traf Johann Wiens die wichtigste Entscheidung seines Lebens: Er nahm Jesus Christus als seinen persönlichen Herrn und Heiland im Glauben an. Von nun an bestimmte sein Glaube sein Leben.

Johann erzählte oft und gerne über seine Erlebnisse und Erfahrungen, die er als Christ gemacht hat. Uns allen bleibt seine Liebe zum Herrn Jesus und zu seiner Gemeinde in besonderer Erinnerung.

Im Jahre 1948 begegnete er seiner großen Liebe und zukünftigen Ehefrau Elsa Lang. Am Silvesterabend 1950 heiratete das Paar unter sehr bescheidenen Umständen, aber in großer Liebe zu einander und im festen Vertrauen darauf, dass Gott sie durchs Leben führen wird. Ihnen wurden neun Kinder geboren, von denen 7 heute noch da sind. Das junge Paar legte großen Wert darauf, dass ihre Kinder im christlichen Glauben erzogen werden.

Nach den Stationen Orsk in der Orenburg-Region und Omsk in Sibirien zog die Familie 1969 nach Mäetaguse in Estland. Hier lebten sie bis zur ihrer Ausreise nach Deutschland im Jahre 1975. In Johanns Erinnerungen waren es besonders schöne Jahre. Der Familie ging es wirtschaftlich besser als früher. Aber was er dort besonders schätzte, war die etwas größere Glaubensfreiheit. Das Haus der Familie Wiens war immer offen für die Gottesdienste und Versammlungen der kleinen Gemeinde am Ort.

Seit ihrem Umzug nach Deutschland haben Johann und Elsa in Siegburg gelebt, wo sie bis heute der lokalen Christengemeinde, der Evangelischen Freikirche in der Wahnbachtalstraße, angehören. Johann war immer sehr dankbar dafür, dass Gott ihm an seinem Lebensabend diese ruhigen und schönen Jahre in Deutschland geschenkt hat.

Dankbarkeit, Zufriedenheit und Achtung vor dem Anderem waren im Allgemeinen auffällige Züge seines Charakters. Auch in seiner Krankheit bis zuletzt bewahrte er diese Grundhaltung.

Nach dem tragischen Verkehrsunfall im November 2001 konnte Johann sich nicht mehr frei bewegen und war in den letzten Jahren an sein Bett gebunden. Am 6. November, an einem regnerischen Morgen, ist Johann im Alter von 82 Jahren im Kreise seiner Familie und in Frieden zu seinem Herrn gegangen.

Er hinterlässt seine Ehefrau Elsa, sieben Kinder, 31 Enkel und zwei Urenkel. Als Familie empfinden wir einen tiefen Verlust eines von uns so geliebten Menschen – Ehemanns, Vaters, und Großvaters. Johann Wiens war ein weiser und gottesfürchtiger Mann, der unser Leben tief geprägt hat. In unserer Trauer empfinden wir eine große Dankbarkeit Gott gegenüber, dass er uns für so viele Jahre einen so guten Ehemann und Vater geschenkt hat.

Ehefrau Elsa Wiens, Familie Hans und Adina Wiens, Familie Rudi und Anni Wiens, Familie Jakob und Erna Ewert, Familie Johann und Anni Voth, Familie Jakob und Andrea Wiens, Familie Peter und Anne Wiens, Familie Artur und Maria Tielmann

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